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Peru |

Bergbau entwickelt sich zu Minenfeld

Lima. Nach einem Verhandlungsangebot der Regierung und dem Tod von mindestens sechs Menschen haben peruanische Minenarbeiter ihre Protestaktionen für die rechtliche Anerkennung ihrer bisher illegalen Tätigkeit ausgesetzt. Sie warten auf die Verabschiedung eines dem Parlament bereits seit neun Monaten vorliegenden Gesetzes.

Rund 6.000 Bergleute hatten am 5. April als Teil eines landesweiten Streiks für die Verabschiedung der Vorlage den Panamerikanischen Highway und zwei Brücken nahe Chala in der südlichen Region Arequipa blockiert. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die bei dem Versuch, die wichtigste Küstenstraße des Landes zu räumen, fünf der Demonstranten erschoss. Eine weitere Person, die in einem Bus unterwegs war, der von den Demonstranten angehalten wurde, starb an den Folgen eines Herzinfarkts.

Festgenommen wurden 28 Menschen. 27 kamen am 6. April wieder frei, nachdem die Straßenblockade für zwei Stunden ausgesetzt worden war. Ein Minenarbeiter befindet sich noch hinter Gittern. Er wird sich wegen illegalen Sprengstoffbesitzes gerichtlich verantworten müssen.

Nach Ansicht der peruanischen Menschenrechtsbeauftragten Beatriz Merino gibt es für den Tod so vieler Menschen infolge des "vermeidbaren Konflikts" keine Entschuldigung. Dass Straßenblockaden in Peru verboten sind, erlaube der Polizei noch lange nicht, mit exzessiver Gewalt gegen Demonstranten vorzugehen.

Die peruanische Minenarbeitergewerkschaft FENAMARPE, die zu den Protestaktionen aufgerufen hatte, vermisst noch mindesten zehn Demonstranten. Der Regierung wirft sie vor, die Forderungen der Bergleute falsch interpretiert zu haben. Lima zufolge gingen die Demonstranten auf die Straße, um gegen eine Verschärfung der Umweltkontrollen zu protestieren. Doch nach Angaben von FENAMARPE-Sprechern geht es den Bergleuten vor um die Abschaffung der beiden Dekrete 1.010 und 1.040, die erlassen wurden, die dem Staat die Umsetzung des mit den USA beschlossenen Feihandelsabkommen ermöglichen, und die Verabschiedung der im Parlament fest hängenden Gesetzesvorlage.

Erinnerungen an Bagua

Die Zusammenstöße haben ungute Erinnerungen an eine Konfrontation im Juni 2009 in Bagua im nordperuanischen Amazonasgebiet geweckt. Damals kamen bei dem Versuch, eine Straßenblockade von Ureinwohnern gewaltsam aufzulösen, 33 Demonstranten und Polizisten ums Leben. Die Indigenen hatten die Rücknahme mehrerer Regierungsdekrete verlangt, die Bergbau- und Holzunternehmen den Zugang zu ihren Territorien und den Verstoß gegen ihre Rechte ermöglicht hätten.

Nach Angaben des Ministeriums für Energie und Bergbau werden in Peru jedes Jahr 170 Tonnen Gold produziert, 44 Tonnen im Wert von 1,3 Milliarden US-Dollar allein von den unlizenzierten Bergleuten in Madre de Dios im Südwesten, in Piura im äußersten Nordwesten, Nasca im Südwesten und Puno im Südosten Perus abgebaut. Insgesamt zählt der rohstoffreiche Andenstaat, in dem der Bergbau der Hauptdevisenbringer ist, landesweit etwa 300.000 Bergleute, in der Mehrheit Goldsucher. Nur 5.350 von ihnen verfügen über gültige Förderlizenzen für mehrere Minen. Sie heuern informelle Arbeiter an, von denen sie eine Gewinnbeteiligung von zehn Prozent einfordern.

Dadurch sichern sie sich Einnahmen, die in die Tausenden gehen. Für die Genehmigungen, auf einer 100 Hektar großen Fläche nach Gold zu schürfen, zahlen sie jährlich 300 Dollar, wie der Rechtsberater der FENAMARPE, Rafael Seminario, berichtet. 80 Prozent aller 60.000 FENAMARPE-Mitglieder arbeiten in der Illegalität. Die mit 17.000 Mitgliedern größte Filiale der in 17 von 25 Regionen präsenten Gewerkschaft befindet sich in Chala. Sie führte die Protestbewegung der Bergleute im Süden an, wo die größten kommerziellen Bergbauunternehmen angesiedelt sind.

Perus Präsident Alan García hat den informellen Bergbausektor Wildwuchs vorgeworfen, der die Umwelt zerstört und die Beschäftigten ausbeutet. "Die Regierung nennt uns Wilde. Dabei wollen wir unsere Situation legalisieren, gerade um zu verhindern, dass wir von den Lizenzinhabern weiter ausgebeutet werden", erläutert Seminario.

Ressourcenreiches Land verteilt

Die kleinen Bergleute haben die Regierung aufgefordert, ihnen Land zu überlassen, das noch nicht ausgebeutet wurde. Problem ist nur, dass die Konzessionen für die meisten dieser Gebiete bereits an andere Unternehmer vergeben wurden.

Staatschef García und seine Minister erklärten auf einer Pressekonferenz, den Demonstranten gehe es vor allem um die Rücknahme des im Februar beschlossenen Dekrets 012 für die Kontrolle der Aktivitäten in Madre de Dios, wo die Bergbauindustrie bereits 18.000 Hektar Urwald zerstört hat. Doch die Minenarbeiter fordern in erster Linie die Abschaffung der Erlasse 1.010 und 1.040.

Um Protesten des peruanischen Bergbausektors gegen diese beiden Dekrets entgegenzuwirken, hatten die Behörden bei Gesprächen Ende Mai und Juni 2009 die Verabschiedung des Gesetzes angekündigt, das den kleinen Bergleuten zu einem legalen Status verhelfen sollte. Der sogenannte Entwurf 2.306 wurde bereits vom Parlamentsausschuss für Energie und Bergbau gebilligt und sollte den Abgeordneten im Juni zur Abstimmung vorliegen.

Doch dazu ist es bis heute nicht gekommen. "Es müssen wohl wie schon in Bagua erst Menschen sterben, bis das Parlament in die Gänge kommt", meint dazu Juana Huancahuari von der oppositionellen Peruanischen Nationalistenpartei. Die Vorlage hätte zuletzt am 7. April im Parlament diskutiert werden sollen, die Debatte wurde jedoch ausgesetzt.

Umweltdekret auf dem Papier

Als die Regierung im Februar das Dekret 012 erließ, forderte die FENAMARPE auf Wunsch ihrer Mitglieder in Madre de Díos die Rücknahme des Erlasses, das gewisse Zonen vorsieht, in denen die kleinen Bergleute aus ökologischen Gründen nicht zugelassen sind. Darüber hinaus wurde die Vergabe neuer Lizenzen ausgesetzt. Lediglich 600 der insgesamt 2.200 vorliegenden Anträge sollen noch bearbeitet werden.

Das Dekret verbietet darüber hinaus das Ausbaggern von Flussbetten mit dem Ziel, goldhaltiges Gestein freizulegen. Nach Angaben der Regierung sind in Madre de Díos 15 Bagger im Einsatz, deren Anschaffungspreis bei bis zu einer halben Million Dollar liegt. Eigentümer sind unter anderem russische und brasilianische Unternehmen. Julia Cuadros von der Bürgerorganisation ´CooperAcción´ befürwortet das Dekret 012, weil es Umweltkontrollen möglich macht. Allerdings bemängelt sie, dass eine adäquate Umsetzung nicht zu erwarten und den Minenarbeitern keine Alternative in Aussicht gestellt worden sei.

Die Bergleute in Madre de Dios haben ihre Proteste am 7. April, die Kumpel in Chala am 8. April ausgesetzt. Für den Fall, dass die Gespräche mit der Regierung scheitern, wollen sie erneut auf de Straße gehen.

Autorin: Milagros Salazar (IPS-Weltblick), Deutsche Bearbeitung: Karina Böckmann

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