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Benzin kostet jetzt auch in Venezuela Geld

Die einstige Öl-Nation Venezuela ist auf Benzinlieferungen aus dem Iran angewiesen, weil die eigenen Förderanlagen so gut wie brachliegen. Nach wochenlangem Mangel gibt es nun wieder Sprit, aber nicht quasi kostenlos, wie bisher.

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Ein Liter Benzin kostet in Venezuela weniger als eine Flasche Mineralwasser. Im Grenzgebiet zu Kolumbien blüht daher der Benzinschmuggel. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Und da sage noch einer, in Venezuela bewege sich nichts. Das Land des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ hat am Montag, 1. Juni 2020, mit einem eisernen Gesetz gebrochen, das die Bevölkerung über Jahrzehnte für eine Art Grundrecht hielt: kostenloses Benzin. Damit ist es nun vorbei. Die Regierung von Nicolás Maduro ist klamm, fördert immer weniger Öl und hat kaum noch Raffineriekapazität. Und weil noch internationale Sanktionen oben drauf kommen, gab es schon vor der Corona-Ausgangssperre ab Mitte März praktisch keinen Sprit mehr. In der Provinz musste man Tage auf ein paar Liter Treibstoff warten, selbst in der Hauptstadt Caracas gab es in den vergangenen Wochen noch nicht einmal für die privilegierten Gruppen in der Corona-Krise ausreichend Benzin: Ärzte, Pfleger, Ambulanzen und Transportunternehmen. 

Mineralwasser teurer als Benzin
 
Die gute Nachricht: Dank iranischer Bruderhilfe ist die Trockenzeit vorbei. Die befreundete Nation hilft mit 1,5 Millionen Liter aus, die in Tankschiffen gekommen sind. Die schlechte Nachricht: Es wird nicht mehr verschenkt. „Das Benzin, das wir vom Iran bekommen haben, mussten wir in Dollar bezahlen“, stimmte Maduro seine Bevölkerung auf das Unvermeidliche ein. Jahrzehnte zahlte man für das Füllen des Tanks seines Autos in Venezuela weniger als für eine Flasche Mineralwasser. Es war das Selbstverständnis einer stolzen Ölnation, die unzählige Jahre im schwarzen Gold und seinen Erträgen schwamm. Schließlich sitzt man ja auf den größten Reserven der Welt. Nur fördern können die Venezolaner sie nicht mehr. Die Produktion von Erdöl sinkt in dem südamerikanischen Krisenstaat seit Jahren. Venezuela, Gründungsmitglied der OPEC, produzierte einst 3,3 Milliarden Fass Öl am Tag. Heute sind es gerade noch etwas über 600.000. Und die Raffinerien sind zumeist kaputt, oder es fehlen Ersatzteile. 

Transportwirtschaft und Nahverkehr werden subventioniert
 
Unter dem neuen Preisregime seit Montag gibt es für jeden Venezolaner pro Monat noch immer 120 Liter fast geschenkt. Der Liter kostet dann 5.000 der schwindsüchtigen Bolívares, und so kann man einen Kleinwagen für umgerechnet etwas mehr als einen Euro betanken. Für jeder Liter darüberhinaus müssen 0,45 Eurocent bezahlt werden. Voll subventioniert bleiben aber weiterhin der Öffentliche Nahverkehr und die Transportwirtschaft. Lange schon hatte Maduro mit der Preiserhöhung gespielt, war aber angesichts der Erinnerung an den „Caracazo“ davor zurückgeschreckt. 1989 kam es unter anderem nach geplanten Spritpreiserhöhungen zu einem Volksaufstand mit Hunderten von Toten.

Lange Warteschlangen an den Zapfsäulen
 
Schon in der Nacht bildeten sich in Caracas lange Schlangen vor den Tankstellen, und am Montag herrschte vielerorts Chaos. Mal gab es nicht genug Benzin an den Zapfsäulen, mal wussten die beaufsichtigenden Nationalgardisten nicht, in welcher Währung zu zahlen sei. Mancherorts gab es nur Sprit gegen Vorlage des „Vaterlandsausweis“, den vor allem die regimetreuen Venezolaner haben. 
 
Die historische Veränderung geht einher mit der vorsichtigen Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität im Land. Seit dem 1. Juni dürfen unter anderem Banken, Ärzte, Frisöre, ausgesuchte Industrien sowie der Bau- und Chemiesektor die Arbeit wieder aufnehmen. Die „Neue Normalität“ sieht abwechselnd Arbeits- und Quarantänetage vor. Venezuela hat trotz eines starken Anstiegs der Corona-Infektionen in den vergangenen Tagen offiziell gerade einmal gut 1.500 Fälle und 14 Covid-19-Tote zu verzeichnen. 

Autor: Klaus Ehringfeld

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