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Costa Rica |

Auf dem Weg zum ersten klimaneutralen Staat

Die Insel der Schildkröten "Isla Tortuga" in Costa Rica ist ein wahres Naturparadies und schützenswert. Foto: Arturo Sotillo, CC BY-SA 2.0
Die Insel der Schildkröten "Isla Tortuga" in Costa Rica ist ein wahres Naturparadies und schützenswert. Foto: Arturo Sotillo, CC BY-SA 2.0

"Um aus Costa Rica ein riesiges Naturschutzgebiet zu machen, müssen wir wirtschaftliche Entwicklung neu denken", sagte Wirtschaftswissenschaftler Edmundo Castro gegenüber IDN. "Es ist Aufgabe des Staates, hier auch einen Wandel im Denken einzuleiten." Der Mentalitätswandel bei den Bewohnern des Landes sei letztlich entscheidend, um das Ziel zu erreichen.

Castro unterrichtet an der EARTH-Universität, eine private gemeinnützige Universität mit Sitz in Costa Rica, die seit 1990 Studenten in nachhaltiger Landwirtschaft ausbildet. Seit sieben Jahren beschäftigt sich Castro in seinen Seminaren und Vorlesungen mit dem Klimawandel und hat ein Programm entwickelt, um dem pazifischen Inselstaat zu helfen, seinem Ziel näher zu kommen, die erste klimaneutrale Volkswirtschaft der Welt zu werden. "Wir erschaffen hier eine Kultur der Klimaneutralität. Wenn unsere Studenten ihren Abschluss in der Tasche haben, hoffen wir, dass sie lokal orientierte Lösungen für ihre eigenen Gemeinschaften entwickeln."

Castro hat außerdem ein Zertifizierungssystem entwickelt, mit dem die Menge an Treibhausgasen gemessen und verifiziert werden kann, die Unternehmen ausstoßen. Mit dem Label sollen Unternehmen ausgezeichnet werden, die besonders viele Treibhausgase einsparen. Vom Ziel, alle 50.000 Unternehmen zu zertifizieren, ist Costa Rica allerdings noch weit entfernt: Bisher sind lediglich 50 Firmen mit der Auszeichnung versehen worden.

Zertifizierung für umweltfreundliche Unternehmen

2007 hatte sich Costa Rica dazu entschlossen, zum Pionier in Sachen Klimaschutz zu werden. Bis zum Jahr 2021, 200 Jahre nach der Unabhängigkeit, soll die im Land emittierte CO2-Menge neutralisiert werden. Um das Ziel zu erreichen, bedarf es gravierender Veränderungen im Transport-, Energie- und Landwirtschaftsbereich und der Mitwirkung der Privatwirtschaft. CO2- oder Klimaneutralität bedeutet, dass genauso viele Treibhausgase gebunden wie produziert werden.

"Wir nehmen die Herausforderung sehr ernst", sagte die costaricanische Vize-Präsidentin Ana Helena Chacón gegenüber IDN. "Gefragt ist aber nicht nur der Staat, sondern auch die Privatwirtschaft und die Zivilgesellschaft." Die Regierung fördere in erster Linie erneuerbare Energien, private Unternehmen hätten begonnen, ihren CO2-Fußabdruck zu messen und Kohlendioxidemissionen zu reduzieren.

Gemeinschaftliche Herausforderung für Costa Rica

Notwendig sind die Maßnahmen nicht nur, um das Ziel, die globale Erderwärmung auf höchstens zwei Grad gegenüber dem Basisjahr 1990 zu begrenzen, einhalten zu können. Costa Rica selbst ist besonders vom Klimawandel betroffen, da das Land als Inselstaat immer mehr Land an den steigenden Meeresspiegel verlieren wird und Klimaphänomenen wie El Niño fast schutzlos ausgesetzt ist.

Chacón vertrat ihr Land auf dem UN-Klimagipfel, der vom 30. November bis zum 11. Dezember in Paris stattfand. "Wir wollen der Welt zeigen, welche Fortschritte wir bereits gemacht haben und uns allen anderen Ländern als nachzuahmendes Modell vorstellen", sagte Chacón. "Schon jetzt haben wir 25 Prozent unseres Territoriums zu Naturschutzgebieten erklärt."

Aufforstung statt Abholzung

Ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg zur Klimaneutralität des 4,4 Millionen Einwohner zählenden Landes ist die Wiederaufforstung. In den 1950er bis 1970er Jahren wurden in Costa Rica viele Hektar Wald gerodet, um Platz zu schaffen für Kaffeeplantagen und den Anbau von Reis und Zuckerrohr. Auch Weiden für großflächige Viehzucht wurden benötigt.

"Damals haben die Menschen nur kurzfristige wirtschaftliche Vorteile im Blick gehabt", erklärt Rafael Gallo, Präsident des costaricanischen Netzwerks für Naturschutzgebiete, gegenüber IDN. "Der Mentalitätswandel begann in den 80er Jahren." Wichtig sei es damals wie heute, die lokalen Gemeinschaften in die Schutzmaßnahmen einzubinden. "Wir müssen auch den neuen Generationen erklären, dass Umweltschutz eine gute Sache ist und die lokalen Gemeinschaften auch wirtschaftlich davon profitieren können", so Gallo.

Mit Blick in die Zukunft wirtschaften

Tatsächlich war im Jahr 1983 das 51.100 Quadratkilometer große Staatsgebiet nur noch zu 21 Prozent bewaldet. Durch Aufforstungsmaßnahmen waren es im Jahr 2012 bereits 52 Prozent. Möglich wurde dies durch das staatliche Programm zur Zahlung von Umweltdiensten, einem Vorläufer der UN-Initiative REDD. Diese sieht Kompensationszahlungen für überprüfbare CO2-Emissionsreduzierungen durch Waldschutzmaßnahmen, nachhaltige Waldbewirtschaftungsformen und die Verbesserung der Wirtschaftslage von Waldbewohnern vor. Hinter der Initiative steckt die Idee, den Schutz und die Aufforstung von Wäldern als CO2-Senken finanziell attraktiv zu machen.

Die Verbindung zwischen Naturschutzreservaten und Klimaneutralität wurde auch auf dem elften Lateinamerikanischen Kongress der Netzwerke privater Naturreservate diskutiert, der vom 9. bis 13. November im costaricanischen Touristenort Punta Leona stattfand. Dort trafen sich lateinamerikanische Umweltexperten, die die Staaten der Region davon überzeugen wollen, private Naturreservate als Verbündete im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels und das Artensterben in tropischen Regenwäldern zu betrachten. Diese Naturschutzgebiete werden von Ökotourismusanbietern, Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen sowie von Bio-Landwirtschaftsbetrieben gegründet. Ihre Befürworter sehen sie als grüne Schutzschilde gegen extreme Klimaphänomene und den Verlust der Artenvielfalt.

Naturschutzgebiete als grüne Schutzschilde

"Bisher werden diese Gebiete von der Umweltpolitik nicht berücksichtigt. Sie sollten jedoch Teil der staatlichen Strategien werden", sagte Carlos Manuel Rodríguez von der Organisation 'Conservation International' (CI) auf dem Kongress. Nach Ansicht von Rodríguez, der von 2002 bis 2006 Umweltminister von Costa Rica war, sollte der private Sektor beim Naturschutz eine zentralere Rolle spielen. Regierungen sollten mit Eigentümern privater Reservate zusammenarbeiten, um die 2010 auf der UN-Biodiversitätskonferenz im japanischen Nagoya verabschiedeten Ziele zu erreichen. Vertreter von 193 UN-Mitgliedsstaaten hatten 20 Ziele festgelegt, um bis zum Jahr 2020 den Verlust der Artenvielfalt zu begrenzen.

"Wir verlieren unser natürliches Kapital aufgrund des Klimawandels und der breiten Kluft zwischen privaten und staatlichen Artenschutzbemühungen", sagte Rodríguez.

Quelle: IPS, Autorin: Fabíola Ortiz, Deutsche Bearbeitung: Julia Kräme, Foto: Arturo Sotillo, CC BY-SA 2.0

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