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Argentinier im Ausland - "Das Geld reichte nicht mehr"

Viele Argentinier verlassen ihr Land. So auch Pepa und Daniel, die die Inflation, Arbeitslosigkeit und zunehmende Armut in ihrem Land kaum noch ertrugen. Daniel lebt heute in Spanien.

Argentinien Peru Migration Cusco

Pepa schaut auf die peruanische Stadt Cusco. Vier Monate hat sie hier gelebt und gearbeitet. Foto: privat

Schwierig ist es immer noch, aber immerhin existiert nun die Perspektive, dass es besser werden kann. Pepa ist seit bald einem Jahr mit dem Motorrad unterwegs. Sie hat Argentinien verlassen, weil die wirtschaftliche und soziale Situation immer bedrückender wurde. "In den letzten Monaten fand ich in Buenos Aires keine Anstellung mehr", erzählt die 38-Jährige. "Lediglich ein paar Einzelaufträge, tageweise, wo ich für eine Firma mit meinem Motorrad Ware ausliefern konnte." Sie habe vor allem von ihrem wenigen Ersparten gelebt. "Alles war so teuer." Sie sei in eine Depression gefallen.

Jazzmusiker lebt von Straßenmusik

Auf der anderen Seite des Atlantiks geht Daniel mit seinem Fahrrad an der Küste von Málaga entlang. Vorbei an Cafés und Restaurants, die am Strand liegen. Es ist zwar Winter, aber im Süden von Spanien scheint die Sonne und die Temperatur ist warm, schon fast sommerlich. Vorne im Körbchen des Fahrrads ist ein handlicher Verstärker. Auf dem Rücken trägt er seine Gitarre. Gerade eben ist er an der Arbeit. Der Jazzmusiker ist vor rund acht Monaten in Spanien angekommen. Seither spielt er auf der Straße. Manchmal sieben Tage die Woche. Davon lebt er. Und das gut.

"Ich konnte in Buenos Aires nicht einmal mehr Gitarrensaiten kaufen", sagt der 42-Jährige. Es sei immer unerträglicher geworden. Daniel zeigt dabei mit der Hand jene Geste, wie wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. "Ich habe zwar genau so viel wie vorher gearbeitet, aber das Geld reichte einfach nicht mehr. Jede Woche konnte ich wegen der Inflation mit dem Verdienten weniger einkaufen."

Argentinien hat 300 Milliarden Dollar Schulden

Argentinien steckt tief in der Krise. Die Schulden des Landes belaufen sich auf mehr als 300 Milliarden Dollar. Inflation, Arbeitslosigkeit und Armut haben stark zugenommen. Viele Menschen können nicht einmal mehr genügend Lebensmittel einkaufen. In der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires ist es wieder ein alltägliches Bild geworden, dass Menschen auf der Straße leben, auf alten dreckigen Matratzen schlafen und in Abfalleimern nach Essensresten suchen. Diese Bilder erinnern an den letzten Wirtschaftscrash im Jahr 2001.

Pepa kann die Worte von Daniel nur bestätigen: "Jede Woche hatte ich für dasselbe Geld weniger Lebensmittel im Einkaufskorb." Sie habe sich dann entschieden, Argentinien zu verlassen. "Ich verkaufte alle meine Sachen, um mehr Startkapital für mein neues Leben zu haben." Sie stieg auf ihr Motorrad, fuhr von Buenos Aires erst in den Norden Argentinien, nach Salta. Dort blieb sie vier Monate, da sie jemanden kannte, der ihr Arbeit gab. Dann überquerte sie die Grenze nach Bolivien. 

Argentinier migrieren zum Arbeiten nach Bolivien

Bolivien ist ein Andenland, von welchem aus früher viele arme und arbeitsuchende Menschen nach Argentinien reisten. Heute scheint es zunehmend umgekehrt zu sein. Viele Argentinier suchen Arbeit in Bolivien. So auch Pepa. «Ich arbeitete in La Paz in einer Bar», erzählt die ausgebildete Verkäuferin. "Als ich nach vier Monaten wieder etwas Geld beisammen hatte, zog ich weiter nach Peru und arbeitete in Cusco als Rezeptionistin in einem Hotel." Wiederum vier Monate. Nun geht’s weiter. "Gerade eben bin ich auf dem Weg nach Kolumbien."

Argentinien zählt rund 44 Millionen Bewohner. Das Nationale Institut für Statistik Indec schätzt, dass etwa 35 Prozent der Bevölkerung in Armut lebt. Die Katholische Universität von Argentinien (UCA) spricht sogar von rund 41 Prozent, davon 10 Prozent in extremer Armut. Vermehrt verlassen Argentinier ihr Land. Täglich stehen die Leute etwa vor der italienischen und spanischen Botschaft Schlange.

Neue Staatsbürgerschaft dank europäischer Vorfahren

Sehr viele Argentinier können dank ihrer europäischen Vorfahren nach Europa einreisen. So auch Daniel, dessen Großvater Italiener war. Deswegen hatte Daniel das Recht, in Italien die Staatsbürgerschaft zu beantragen. "Gerade eben im Februar habe ich den italienischen Pass erhalten", sagt er erleichtert. Ob er nach Argentinien zurückkehren werde? Er zögert mit der Antwort. Dann sagt er seufzend: "Eher nicht. Eine solche schwierige und karge Zeit will ich nicht noch einmal erleben. In Spanien kann ich vom Verdienten nicht nur leben, sondern auch Geld auf die Seite legen."

Pepa ist täglich in Kontakt mit ihrer Familie und ihren Freunden in Argentinien. "Komm auf keinen Fall zurück nach Buenos Aires, sagen sie mir", berichtet Pepa. Sie würden alle frustriert und deprimiert klingen. "Tatsächlich weiß ich nicht, ob ich irgendwann einmal nach Argentinien zurückkehren werde." Sie fügt an: "Klar, ich habe Ängste, denn mein Leben ist zurzeit eine Reise ins Ungewisse."

Autorin: Camilla Landbö

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