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Argentiniens Tango auf dem Schuldenparkett

Notruf vom Rio de la Plata: Argentiniens neuer Präsident Alberto Fernández will einen neuen Schuldencrash vermeiden und sucht dafür Unterstützung in Europa - auch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin.

Argentinien Nationalbank Gebäude Buenos Aires

Argentiniens gesamte Staatsverschuldung beläuft sich laut Internationalem Währungsfonds (IWF) auf rund 320 Milliarden Dollar. Foto: Laurine Zienc

Fußball, Autos und der Papst: Mit diesen drei Stichworten können nicht nur Deutsche, sondern auch Argentinier viel anfangen. Argentiniens neuer Präsident Alberto Ángel Fernández, der an diesem Montag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentrifft, will allerdings über ein wesentlich heikleres Thema sprechen: Geld.

Die Lage ist selbst für das mit Krisen vertraute südamerikanische Land ernst. Argentiniens gesamte Staatsverschuldung beläuft sich laut Internationalem Währungsfonds (IWF) auf rund 320 Milliarden Dollar, was knapp 90 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes entspricht. Bei ausländischen Gläubigern ist Argentinien mit 175 Milliarden Dollar verschuldet. "Argentinien ist ein Testfall für den Umgang mit Schuldenkrisen souveräner Staaten", erklärte Wirtschaftsminister Martin Guzmán zum Auftakt der Europareise gegenüber der argentinischen Presse. Guzmán gehört zur Delegation des argentinischen Präsidenten, die sich von der deutschen Regierung Rückendeckung bei den Umschuldungsverhandlungen mit dem IWF erhoffen.

Erstmal zu Bruder Bergoglio

Geistliche Unterstützung für die schwierigen Schuldenverhandlungen holte sich Fernández am Samstag bei einer Privataudienz mit seinem Landsmann Jorge Bergoglio, Papst Franziskus im Vatikan. Nach einem Bericht der argentinischen Zeitung "Clarin" hofft Fernández darauf, dass der Papst ihm aufgrund seiner guten Beziehungen zu vielen europäischen Staatschefs, darunter auch Merkel, Rückendeckung verschafft.

Merkel ist in den deutsch-argentinischen und in den deutsch-vatikanischen Beziehungen eine Konstante. Sie kennt nicht nur den argentinischen Papst, sondern auch seinen emeritierten Vorgänger, Papst Benedikt. Und sie ist auch mit Argentiniens ehemaliger Präsidentin Cristina Fernández Kirchner vertraut, die von 2007 bis 2015 das Land regierte, und nun als Vizepräsidentin von Peronist Alberto Fernández in das Kabinett zurückkehrte.

Poker mit den Gläubigern

Merkel weiß, dass unter der Regierung von Cristina Kirchner die Gläubiger ins Schwitzen gerieten. Als Deutschland 2014 während der Fußballweltmeisterschaft im Endspiel gegen Argentinien gewann, verkündete der damalige Wirtschaftsminister Axel Kicillof einen Zahlungsstopp. Die Wirtschaftskrise verschärfte sich und die Regierung von Kirchner wurde abgewählt. Private deutsche Gläubiger argentinischer Anleihen kämpfen noch heute um Entschädigung.

Doch auch der wirtschaftsliberale Nachfolger Mauricio Macri bekam die Lage nicht in den Griff. Zwar holte er das Land an die internationalen Finanzmärkte zurück, doch der Preis dafür war ein enormer Zuwachs der Verschuldung. Macri bekam bei den Wahlen im Oktober 2019 die Quittung und mit Alberto Fernández und Cristina Kirchner kehrten die Peronisten ins Kabinett zurück. Doch diesmal soll alles anders werden."Wir wollen zahlen, aber später", lautet die Botschaft des neuen Präsidenten. Doch die "Financial Times" ist skeptisch. Sie zählt Argentinien zu den "großen Fehlinvestitionen" des vergangenen Jahres.

Autohändler und argentinischer Rotwein

Argentiniens Bevölkerung hangelt sich seit der Staatspleite im Jahr 2001 von einer Krise zur nächsten. Die Inflationsrate schoss im vergangenen Jahr laut Statistikbehörde Indec auf 54 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte von 642 Milliarden Dollar im Jahr 2015 auf 445 Milliarden Dollar 2019.

Auch die ausländischen Unternehmen am Rio de la Plata kennen die argentinische Achterbahn. Aufgrund der Devisenkontrollen unter der ehemaligen Präsidentin Kirchner avancierte zum Beispiel BMW zu einem der größten Exporteure argentinischen Weins, und Hyuandai wurde zum Sojahändler. Der Grund: Alle ausländischen Autohändler mussten von 2011 an im gleichen Wert argentinische Güter exportieren wie sie Autos importierten.

Bei seinem Deutschlandbesuch will Argentiniens Präsident Fernández deshalb auch die Vertreter deutscher Unternehmen, die in Argentinien präsent sind, beruhigen. Auf dem Plan stehen Treffen mit den Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen, Bayer und Siemens. Nach dem Treffen im Kanzleramt reist Fernández weiter zu Spaniens Premier Pedro Sáchez und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. auch Gespräche mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sind geplant. Angesichts des allgemeinen Krisenszenarios droht ein weiterer wichtiger Punkt der Reise unterzugehen: Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem gemeinsamen südamerikanischen Markt Mercosur.

Quelle: Deutsche Welle, Autorin: Astrid Prange De Oliveira

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