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Mexiko |

100 Millionen Dollar Schmiergeld für Ex-Präsident Nieto

Treffen zwischen dem ehemaligen US-Vizepräsident Joe Biden (links) und dem ehemaligen mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto 2012 in Mexiko-Stadt. Foto: Flickr, USEmbassyMEX, David Lienemann, public domain. 

Mehr als zwei Monate läuft der Prozess gegen Joaquín Guzmán nun schon in New York. Und die Beobachter des Verfahrens gegen den einstmals meistgesuchten Drogenboss der Welt haben in dieser Zeit tiefe Einblicke in die Welt des Organisierten Verbrechens in Mexiko und Lateinamerika bekommen - vor allem in die Arbeits- und Funktionsweise des Sinaloa-Kartells, dessen Boss Guzmán laut Anklage war. Dem 61-Jährigen droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe. 

Prozess ist spannender als jede Narco-Serie auf Netflix
 
In den bisherigen mehr als 20 Verhandlungstagen haben Zuschauer und Journalisten Details über ein Verbrechens-Imperium erfahren, das Milliarden-Umsätze generiert. Man weiß nun, wie und wo Guzmán und seine Organisation ihr Kokain bezogen, wie hoch die Gewinnspannen waren und vermutlich noch immer sind. Auch weiß man nun mehr über Schmuggelrouten, Strategien der Geldwäsche, brutale Bandenkriege, persönliche Rache und vor allem Abermillionen Dollar an Schmiergeldern, mit denen sich die Sinaloa-Bosse ihre Freiheit und ihren Schutz erkauften. Der Prozess gegen „El Chapo“ ist spannender als jede Narco-Serie auf Netflix.
 
Am Dienstag, 15. Januar 2019, sagte der elfte der 16 Zeugen der Anklage aus und erhob gegen den früheren mexikanischen Präsidenten einen Vorwurf, der in der Heimat eine explosive Wirkung haben könnte. Der Kolumbianer Alex Cifuentes, über Jahre ein enger Mitarbeiter von „Chapo“, behauptete, der im Dezember aus dem Amt geschiedene Staatschef Enrique Peña Nieto habe über Mittelsmänner 100 Millionen Dollar vom Chef des Sinaloa-Syndikats erhalten. Im Kreuzverhör fragte Guzmán-Verteidiger Jeffrey Lichtman den Zeugen: „Herr Guzmán zahlte Bestechungsgelder in Höhe von 100 Millionen Dollar an Präsident Peña Nieto?” Cifuentes, nach eigenen Angaben zwischen 2007 und 2013 Guzmáns „rechte und auch linke Hand“, antwortete: „Ja“. Zur Zahlung soll es demnach im Oktober 2012 gekommen sein. Laut Cifuentes hat zuerst Peña Nieto den Verbrecher kontaktiert und ursprünglich 250 Millionen Dollar gefordert. 

Sinaloa-Kartell schmierte Staatsbeamte
 
Diese Aussage bestätigt anscheinend, was Experten des Organisierten Verbrechens schon seit Jahren mutmaßen: „El Chapo“, „Der Kleine“ konnte nur deshalb ein ganz Großer im Drogenbusiness werden, weil mexikanische Behörden und Politiker ihn gewähren ließen und unterstützen. Nun ist auch klar, dass Guzmán lange beste Beziehungen bis ganz oben in den Präsidentenpalast Los Pinos unterhielt. Tatsächlich trafen die Schläge der Drogenfahnder und Sonderkommandos jahrelang fast immer nur die anderen Kartelle. Der Staat ging vor allem unter dem konservativen Staatschef Calderón (2006 bis 2012) gegen die „Zetas“, das „Golf-Kartell“, die Beltrán-Leyva-Organisation und das Tijuana-Kartell vor. Aber dem Sinaloa-Syndikat wurden nur homöopathische Dosen Staatsmacht verabreicht. Zwischen 2006 und 2012, so heißt es, habe Guzmán einen direkten Draht zu Sicherheitsminister Genaro García Luna gehabt, dem er Gegner und in Ungnade gefallene Kooperanten ans Messer lieferte und zudem angeblich 56 Millionen Dollar an Schmiergeldern zahlte. Auch ausländische Geheimdienste und Experten für Organisierte Kriminalität sahen García Luna immer auf beiden Seiten des Gesetzes operieren. Die Politiker dealten offenbar mit Guzmán, um so sein Kartell zu stärken und damit gleichzeitig die anderen zu schwächen. So sollten die Revierkämpfe reduziert werden. Der auf vier Monate angelegte Guzmán-Prozess belegt eindrücklich, wie bestechlich Politiker, Richter, Staatsanwälte, Soldaten und Polizisten in Mexiko sind und wie nah das Organisierte Verbrechen an den Machtzirkeln dran ist. Selbst der staatliche Ölriese Petroleos Mexicanos (PEMEX) verhandelte mit den Kriminellen über Kokainschmuggel auf Öltankern. 

8.000 Dollar Gewinn mit einem Kilo Kokain erzielt

Jesús Vicente Zambada, alias El Vicentillo, ist der Sohn von Guzmáns ewigem Kompagnon Ismael „El Mayo“ Zambada. Zusammen haben sie das Sinaloa-Kartell groß gemacht. Während El Mayo noch immer auf der Liste der Drogenfahnder ganz oben steht, ging sein ältester Sohn den Ermittlern 2009 in Mexiko-Stadt ins Netz. Kaum jemand kennt das Innenleben des Sinaloa-Syndikats besser als Zambada junior, denn er wurde von seinem Vater schon in der Pubertät an das spätere Leben als Krimineller gewöhnt. Der Junior berichtete in seiner fünftsündigen Vernehmung Anfang Januar davon, dass sein Vater und Guzmán zwischen 2001 und 2008 jeden Monat eine Million Dollar für die Bestechung von Polizisten aller Ebenen, hochrangigen Militärs, Politikern und einfachen Staatsangestellten ausgaben. Auf der Payroll von Sinaloa standen laut dem Zeugen Generäle wie Marco Antonio de León Adams, Chef- Personenschützer des damaligen Präsidenten Vicente Fox (2001 bis 2006). Der Militär war angeblich ein Freund von Zambada senior und erhielt für seine Dienste vom Kartell 50.000 Dollar monatlich. 
 
Laut anderen Zeugen machte das Sinaloa-Kartell zu Beginn der 2.000er Jahre an einem Kilo Kokain 8.000 Dollar Gewinn. Guzmán kaufte es für 3.000 Dollar ein und verkaufte es für 11.000 weiter. Eine durchaus übliche Lieferung von 6.000 Kilo brachte dem Kartell also einen Gewinn von 48 Millionen Dollar.

Autor: Klaus Ehringfeld

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